Judasevangelium
Das Judasevangelium, abgekürzt EvJud, ist eine apokryphe Schrift, die wahrscheinlich Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. in einer gnostischen Sekte verfasst wurde. Die Schrift stammt nicht von Judas, sondern ist eine pseudepigraphische Schrift.
Sie besteht im Wesentlichen aus Gesprächen zwischen Jesus und den Jüngern bzw. Jesus und Judas an mehreren Tagen kurz vor der Passion.
Erstmals erwähnt und beschrieben wird sie von Irenäus von Lyon um 180 n. Chr.Bis in die 1970er Jahre galt sie als verschollen. 1976 wurde ein koptischer Papyrus aus dem 4. Jahrhundert, der so genannte Codex Tchacos entdeckt. Erstmals veröffentlicht wurde das Manuskript samt englischer Übersetzung im April 2006 von Rodolphe Kasser. Der koptische Text gilt als spätere Version des ursprünglich griechisch geschriebenen Judasevangeliums, von dem Irenäus Kenntnis hatte.
Die Schrift gibt historisch keinen Aufschluss über Jesus oder Judas
Geschichte des Werks und Textzeugen
Die Schrift entstand nach Auffassung des Religionshistorikers Gregor Wurst um 160 n. Chr., also viel später als die biblischen Evangelien. Man hat spekuliert, dass ein zugrundeliegender griechischer Text aus dem 1. Jahrhundert stammen könnte. Die meisten Forscher gehen aber von einer Entstehung in der Mitte des 2. Jahrhunderts aus.
Irenäus von Lyon setzte sich um 180 n. Chr. mit dem Buch auseinander und distanzierte sich von der Aussage, Jesus habe Judas um den Verrat gebeten, um von seiner körperlichen Hülle befreit zu werden und seiner Aufgabe als Messias vollkommen entsprechen zu können.
Der heute bekannte Text liegt in einer koptischen Übersetzung vor, als Teil des Codex Tchacos, der 1976 in Mittelägypten in der Nähe der Stadt al-Minya gefunden, bald danach gestohlen wurde und 1983 wieder auftauchte. Es handelt sich um einen schadhaften und daher lückenhaften Papyrus-Codex aus dem 4. Jahrhundert. Durch unsachgemäße Lagerung war der Codex in hunderte kleiner Fragmente zerfallen. Für die Rekonstruktion wurde jedes Fragment beidseitig fotografiert und von Gregor Wurst (Universität Augsburg) und seinen Kollegen am Computer zusammengesetzt. Im Verlauf dreier Jahre konnten dabei fast 90 Prozent des Textes rekonstruiert werden. Das unter Leitung des Genfer Professors Rodolphe Kasser übersetzte Manuskript wurde 2006 publiziert. 2007 erschien eine kritische Ausgabe der vier Texte des Codex Tchacos.
Im Jahr 2009 wurde ein Großteil der noch fehlenden Fragmente, die in einem Versteck in den USA lagerten, durch einen Gerichtsbeschluss freigegeben. Sie sollen nun in Europa mit den bereits bekannten Teilen des Codex wiedervereinigt und ausgewertet werden. Nach der Übersetzung und Restaurierung der Schrift soll der Kodex nach dem Willen der Stiftung dem ägyptischen Staat zu Händen des Koptischen Museums von Kairo übergeben werden
Stellungnahme der Neuapostolischen Kirche zum Judas-Evangelium
Der Text des Judas-Evangeliums wurde mit drei anderen apokryphen Schriften in einem Leder gebundenen Papyrus-Codex überliefert. Der Codex wurde lange aus kommerziellen Interessen unter Verschluss gehalten, so dass erst 2006 eine Übersetzung vorgenommen werden konnte. Etwa 80% des Textes konnten bei einer Restaurierung der Handschrift gerettet – und von daher auch übersetzt – werden.
Begrifflichkeit und Vorstellungswelt des Judas-Evangeliums gehören in den Kontext der Gnosis, also jener großen antiken Geistesbewegung, in der christliche Vorstellungen mit solchen der antiken Religion und Philosophie verbunden wurden. Die Gnosis verkündigte in allem (Schöpfungslehre, Erlösungslehre, Christologie, Eschatologie) ein anderes Evangelium als die Apostel und ihre Schüler. Zu Recht wurde auch keine ihrer Schriften in den neutestamentlichen Kanon aufgenommen.