Mormonen
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Mormonen
Dem Mormonentum werden alle Glaubensgemeinschaften zugerechnet, die sich außer auf die Bibel auch auf das Buch Mormon und die in der Schrift „Lehre und Bündnisse“ zusammengefassten Offenbarungen berufen. Das Buch Mormon will der Prophet Joseph Smith, jr. (1805−1844) ab 1820 in Manchester, New York durch den ihm als Engel erschienenen Moroni erhalten haben. 1830 gründete Smith die erste mormonische Religionsgemeinschaft Church of Christ, die seit 1838 Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (engl.: The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints) heißt. Seither gab es in der Mormonenbewegung etliche Spaltungen und Abspaltungen.
Glaubensinhalte der Mormonen
Mitglieder der Kirche verstehen ihren Glauben als eine von Gott veranlasste Wiederherstellung der Kirche, die ursprünglich durch Jesus Christus gestiftet wurde. Da sich die Mormonen neben der Bibel auf weitere Quellen ihres Glaubens berufen, wird sie von der Römisch-Katholischen Kirche und den meisten protestantischen Kirchen, - auch von den apostolischen Gemeinschaften -, als synkretistische Neureligion angesehen. Dementsprechend erkennen diese Kirchen die Taufe der Mormonen nicht an. Die meisten Mormonen haben kein Interesse an der Ökumene und sprechen allen anderen Kirchen die geistliche Vollmacht ab, in Gottes Namen sprechen und insbesondere die Sakramente spenden zu können. Sie erkennen jedoch andere Christen als solche an und arbeiten insbesondere im humanitären Bereich mit anderen Religionen zusammen. Ferner setzen sie sich für interkonfessionelle Toleranz ein.
Bei den Mormonen wird die Lehre vertreten, dass die Kirche aus direkter göttlicher Offenbarung an Joseph Smith hervorging und seither durch fortlaufende Offenbarung von Jesus Christus direkt angeleitet wird. Dies geschehe durch Propheten, Apostel und andere Kirchenführer, wie es sie auch in der urchristlichen Kirche gab. Darüber hinaus wird erklärt, dass jeder Mensch das Recht und die Möglichkeit habe, für seinen persönlichen Bereich, seine Familie und seine kirchlichen Aufgaben direkte göttliche Offenbarung zu empfangen. Das Fortlaufen der Offenbarung impliziere auch, dass der Schriftenkanon nicht abgeschlossen sei.
So wie Gott damals zu den Propheten des Alten Testaments und Neuen Testaments gesprochen habe, so sei es ihm auch heute möglich, in gleicher Weise zu den Menschen zu sprechen. Der Präsident der Mormonen wird als Prophet, Seher und Offenbarer angesehen und als solcher vom Kollegium der Zwölf Apostel und von der gesamten Mitgliederschaft halbjährlich anerkannt und bestätigt. Es wird davon ausgegangen, dass nur solche Offenbarungen, die vom Präsidenten und vom Kollegium der Zwölf Apostel als von Gott bezeugt werden, Bedeutung für die gesamte Mitgliederschaft haben; sie werden als Heilige Schrift kanonisch im Buch Lehre und Bündnisse aufgenommen. Der überwältigende Anteil der Abschnitte dieser Schrift stammt vom Kirchengründer Joseph Smith. Daneben stehen weitere Schriften der jeweiligen Kirchenführer.
Die Mormonen sehen den Zweck der Erde darin, den Menschen, die alle vorirdisch erschaffene Geistkinder Gottes seien, einen Ort des weiteren Lernens in der Körperlichkeit zu verschaffen. Damit sei auch ein vorübergehendes Vergessen eines vorirdischen Daseins als Geistwesen verbunden. Kraftvollen Glauben zu entwickeln sei ein wesentlicher Sinn des irdischen Lebens. Die Menschen beteiligen sich auch an diesem göttlichen Plan, indem sie durch das Zeugen von Kindern weiteren Geistwesen das Erdenleben ermöglichen.
Nach dem Tod habe der Mensch den Körper vorübergehend verloren, lebe aber als Geistwesen in der Geisterwelt weiter und könne weiter lernen. Wer im Erdenleben die gültige Taufe durch einen Priester der Kirche nicht empfangen habe, für den könne diese Handlung durch die Taufe für Verstorbene stellvertretend von einem Lebenden empfangen werden.
Am Ende der Entwicklung stehe die Auferstehung mit dem nachfolgenden Jüngsten Gericht, in dem Jesus Christus jedem die ihm gebührende Herrlichkeit zuteilen werde. Nur wer bewusst Gott leugne, obwohl er ihn durch die Macht des Heiligen Geistes erkannt hat, der werde in die äußerste Finsternis gestoßen und ein Sohn des Verderbens werden.
Kirchengründer Joseph Smith lehrte, dass es eine unbestimmte Zahl von Göttern und Persönlichkeiten auf Götterebene gebe. Gleichzeitig sei es jedem Menschen, als ein Kind Gottes, durch die Gnade Christi möglich, selber zu einem Gott oder einer Göttin zu werden, was bedeutet, dass man alle wesentlichen Eigenschaften erlangt, die Gott besitzt. Gott-Vater ist nach dieser Lehre prinzipiell ein erhöhter Mensch mit einem Körper aus Fleisch und Gebein.
Jesus Christus ist den Mormonen zufolge der Erstgeborene der Geistkinder des Himmlischen Vaters und damit unser Bruder im Geist. Jedoch ist er der einzig gezeugte im Fleisch. Christus nimmt im Plan der Erlösung als Erretter eine besondere Rolle ein. Jesus Christus sei Jehova (Jahwe), Gott des Alten Testamentes und habe zusammen mit anderen vorirdischen Geistwesen (d. h. Geistkindern) und Göttern, unter anderem Adam, welcher auch der Erzengel Michael sei, die Erde erschaffen.
Der Heilige Geist sei eine eigenständige, physisch-körperlose Gottheit. Er sei eines Sinnes mit Gott, dem Vater, und eins in Absicht. Die Aufgabe des Heiligen Geistes sei es, als Offenbarer, Bestätiger von Wahrheit, Tröster und Warner seinen Einfluss auf die Menschen individuell auszuüben.
Luzifer, der Sohn des Morgens, sei ebenfalls ein Geistkind Gott-Vaters. Er sei aber wegen seiner Rebellion und seines Wunsches, sich über Gott-Vater zu erheben, ausgestoßen worden. Er sei also der böse Geistwesen-Bruder, der für die Menschen Böses wolle, der Gegenpol seines Geistwesen-Bruders Jesus Christus, der für die Menschen das Gute wolle. Die Mormonen erklären, dass nur jemand, der die Vollmacht von Jesus Christus bekommen habe, in seinem Namen sprechen und heilige Handlungen durchführen dürfe.
Der erste Bevollmächtigte Jesu war Adam. Seither wurde die Vollmacht weitergegeben bis Mose. Später hat Jesus Christus die Vollmacht an die Apostel Petrus, Jakobus, Johannes und andere übertragen. Nach dem Tod der Apostel ist sie wieder durch einen Abfall vom Glauben verloren gegangen. Die Vollmacht wurde wiederhergestellt indem die Apostel Petrus, Jakobus und Johannes Joseph Smith jr. als auferstandene Wesen erschienen und sie ihm durch Handauflegen vollständige Schlüsselvollmacht übertrugen.
Von Joseph Smith seien Teilvollmachten an die würdigen Mitglieder in ungebrochener Linie weitergegeben worden. Die vollständige Schlüsselvollmacht halten immer der lebende Präsident der Kirche und das lebende Kollegium der Zwölf Apostel inne. Nach Lehre der Kirche habe niemand außerhalb dieses Kreises die vollständige Vollmacht. Die Mormonen beanspruchen für sich, die einzig wahre Kirche auf der Erde zu sein, da sie die von Jesus Christus gegründete Kirche sei, von der in der Bibel die Rede ist, und somit die Einzige, die die Priestertumsvollmacht innehalte. Demnach gelten alle anderen Religionen und Kirchen als nur teilweise wahr.
Joseph Smith jr. sah mit seiner Mission die Endzeit eingeläutet; an einen unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang glaubte er allerdings nicht.
Mormonengemeinschaften
Gemeinschaft Christi (CofChrist)
Ursprünglich hieß sie Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Reorganized Church of Jesus Christ of Latter Day Saints, RLDS), weil ihre Mitglieder nach dem Tod des Kirchengründers Joseph Smith, jr. Brigham Young, den damaligen Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel, nicht als seinen Nachfolger und neuen Propheten, Seher und Offenbarer (und damit als zweiten Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) anerkannten.
Während Brigham Young mit der größten Gruppe der Mormonen 1847 nach Utah ging, blieben diese deshalb im mittleren Westen der USA. Nach einem guten Jahrzehnt starker Zersplitterung sammelten sie sich schließlich im Jahr 1859 um Joseph Smith III (1832-1914), den ältesten Sohn des mormonischen Kirchengründers Joseph Smith Jr.
Die Gemeinschaft Christi ist heute mit weltweit ca. 250.000 Mitgliedern die zweitgrößte Konfession innerhalb des Mormonismus im weiteren Sinne. Zwei Gerichtsurteile, die im Zusammenhang mit der Ablehnung der Polygamie und einem Rechtsstreit um das für den Bau des Tempels vorgesehene Grundstück in Independence entstanden, bestätigten 1880 und 1894 die Gemeinschaft Christi in den USA ausdrücklich als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich von Joseph Smith jr. gegründeten Kirche.
The Church of Jesus Christ
Manchmal wurde sie „Kirche Jesu Christi (Bickertoniten)“ (engl.: Bickertonite Church) oder „Rigdonitenorganisation“ (engl.: Rigdonite Organization) genannt. Diese Bezeichnungen, die von der Kirche selbst nicht verwendet werden, beziehen sich auf die beiden Gründer der Kirche, William Bickerton und Sidney Rigdon.
Die Kirche Jesu Christi (Bickertoniten) sieht sich als Nachfolgerin der am 6. April 1830 von Joseph Smith Jr. gegründeten Kirche. Dabei macht sie geltend, dass Sidney Rigdon der rechtmäßige Nachfolger von Joseph Smith Jr. nach dessen Tod gewesen sei, da er der erste Ratgeber der ersten Präsidentschaft war. Rigdons Anhänger trennten sich von den Kirchenmitgliedern, die Brigham Young folgten, und ließen sich in Pittsburgh nieder. Zu den auf Grund von Rigdons Predigten Konvertierten zählte William Bickerton, der die Organisation von Sidney Rigdon übernahm.
Unter dem Namen „Church of Jesus Christ of Green Oak, Pennsylvania“ wurde die Kirche in Pittsburgh im 1865 registriert. 1941 nahm die Kirche in Pennsylvania den Namen „The Church of Jesus Christ“ an. Unter diesem Namen ist die Kirche heute im Bundesstaat Pennsylvania als Körperschaft registriert.
Heute hat die Kirche Jesu Christi (Bickertoniten) weltweit 12.136 Mitglieder (Stand 2007), von denen etwa 3.000 in den USA leben. In Europa ist sie hauptsächlich in Italien aktiv, wo sie drei Gemeinden hat.
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
(engl.: The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints)
Bei ihrer Gründung am 6. April 1830 hieß sie noch „Die Kirche Christi“. Dieser Name wurde jedoch am 3. Mai 1834 durch den einstimmigen Beschluss der Kirchenführung in „Die Kirche der Heiligen der Letzten Tage“ geändert. Eine letzte Änderung erfolgte am 26. April 1838: der Name Jesu Christi wurde wieder eingefügt.
Oft wird die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gemeinsam mit kleinen bis winzigen Splittergruppen zur Konfessionsgruppe der Mormonen zusammengefasst. Sie selbst legt jedoch großen Wert darauf, dass die Bezeichnung „Mormonen“ exklusiv für ihre Mitglieder benutzt wird, um eine Vermischung mit völlig unterschiedlichen Splittergruppen in der Berichterstattung zu vermeiden.
Schon Joseph Smith soll sich mit der Frage beschäftigt haben, ob die Kirche nicht in eine menschenleere Gegend ziehen solle, um Verfolgungen zu entgehen. Dies realisierte Brigham Young, sein vormaliger Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel und in dieser Mormonengruppe akzeptierte Nachfolger und neue Prophet, Seher und Offenbarer (und damit der zweiten Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), mit dem Auszug fast aller „Heiliger“ in das Tal des Großen Salzsees in den Rocky Mountains.
Bald wurden aber auch wieder Missionare ausgesandt, die vor allem im Osten der USA, in Kanada und Europa versuchten, Menschen von ihren Lehren zu überzeugen. Mittlerweile hat die Kirche offiziell 13.824.854 Mitglieder (Stand 31. Dezember 2009), von denen mehr als die Hälfte außerhalb der USA leben; wichtige Schwerpunkte sind Ozeanien, Lateinamerika und Afrika. in Deutschland ist sie mit zwei Körperschaften des öffentlichen Rechts (Hessen und Berlin) vertreten.
Kirche Christi (Temple Lot)
Die Kirche Christi (Temple Lot), Church of Christ (Temple Lot), ist eine mormonische Glaubensgemeinschaft, die 1852 in den USA aus der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hervorging. Ihre Mitglieder hießen anfangs im Volksmund nach Granville Hedrick (1814–1881), dem ersten Leiter der Kirche, „Hedrickiten“.
Nach der Ermordung des Gründers der Bewegung, Joseph Smith jr., am 27. Juni 1844, stritten mehrere Kirchenführer um die Leitung und gründeten rivalisierende Organisationen. Bis 1860 fühlten sich fünf früh gegründete Gemeinden durch keine der Nachfolgeorganisationen repräsentiert. Diese schlossen sich im Mai 1863 unter der Führung von Granville Hedrick zusammen. Hedrick wurde zum „Präsidenten, Propheten, Seher und Offenbarer“ der Glaubensgemeinschaft ordiniert, die sich zu diesem Zeitpunkt noch Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nannte.
An der Ordination von Granville Hedrick nahm John E. Page teil, der bereits vor dem Tode von Joseph Smith im Jahre 1844 ein Apostel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gewesen war. Die Kirche Christi (Temple Lot) ging davon aus, dass durch ihn eine Verbindung zu den höchsten Autoritäten der ursprünglichen Kirche, wie sie vor 1844 bestanden hatte, geschaffen wurde.
Die Kirche Christi (Temple Lot) unterhält keine offiziellen Beziehungen zu anderen Konfessionen und zählt derzeit rund 6000 Mitglieder in 11 oder 12 Staaten. Die meisten Mitglieder leben in den USA, doch ist die Kirche Christi (Temple Lot) unter anderem auch in Kanada, Mexiko, Honduras, Kenia, Kongo, Malawi, Tansania, Indien und auf den Philippinen aktiv. In Europa ist sie nicht vertreten.
Kirche Christi (Fetting)
Die Kirche Christi (Fetting), Church of Christ (Fettingite), ist eine mormonische Glaubensgemeinschaft, die sich 1929 in den USA unter der Führung von Otto Fetting (1871-1933) von der Kirche Christi (Temple Lot) abspaltete.
Otto Fetting, seit 1926 ein Apostel der Kirche Christi (Temple Lot), empfing nach eigenen Angaben von 1927 bis 1933 insgesamt 30 Offenbarungen von Johannes dem Täufer. Während die ersten elf von der Kirche als Offenbarungen angenommen wurden, akzeptierte man die am 18. Juli 1929 empfangene zwölfte und alle folgenden nicht mehr. Fetting und seine Anhänger wurden aus der Kirche Christi (Tempel Lot) ausgeschlossen und gründeten noch im gleichen Jahr die Kirche Christi (Fetting).
Sie ist ausschließlich in den USA und in Nigeria vertreten. Die Kirche Christi (Fetting) zählt heute rund 2000 Mitglieder.
Wiederhergestellte Kirche Christi
Die Wiederhergestellte Kirche Christi, Church of Christ (Restored), ist eine mormonische Glaubensgemeinschaft, die sich 1939 in den USA unter der Führung von A.C. deWolf von der Kirche Christi (Fetting) abspaltete.
W. A. Draves, ein Ältester der 1929 entstandenen Kirche Christi (Fetting), berichtete 1936, ebenso wie der Begründer der Kirche, der 1933 verstorbene Otto Fetting, Offenbarungen von Johannes dem Täufer empfangen zu haben. Die Kirchenmitglieder, die dies nicht glaubten, verließen unter der Führung des Ältesten A. C. deWolf die Kirche und gründeten die Wiederhergestellte Kirche Christi, (engl.: "Church of Christ (Restored)".
Die Wiederhergestellte Kirche Christi zählt heute rund 450 Mitglieder und ist ausschließlich in den USA vertreten.
Kirche Christi mit der Elias-Botschaft
Die Kirche Christi mit der Elias-Botschaft (engl.: „The Church of Christ – ‚The Church With The Elijah Message’“) hat als Glaubensgrundlage die Bibel, den „Bericht der Nephiten“ (Bezeichnung der Kirche für das Buch Mormon), sowie 117 Botschaften, die der auferstandene Johannes der Täufer als Engel den Aposteln Otto Fetting (von 1871 bis 1933) und W. A. Draves (von 1912 bis 1994) zwischen 1927 und 1994 überbracht haben soll. Dabei sei der auferstandene Johannes der Täufer in der Kraft und Stärke des alttestamentlichen Propheten Elias erschienen, um diese göttlichen Elias-Botschaften zu übermitteln.
Nach Ansicht dieser Kirche ist Joseph Smith (von 1805 bis 1844) zwar ursprünglich von Gott beauftragt worden, aber in seinen späteren Lebensjahren von Gott und seinem Wort abgefallen. So werden auch sämtliche anderen Schriften und Offenbarungen Smiths verworfen. Dies gilt auch für die zusätzlich entstandenen Lehren und Prophetien von Smiths Nachfolgern innerhalb der Mormonenkirche.
Weltweit hat die Kirche 12.500 Mitglieder. Sie sind außerhalb der USA hauptsächlich in Kenia, Uganda, Indien und auf den Philippinen, sowie in Europa vor allem auch in England, Belgien und den Niederlanden zu finden.
Bezug zur Konfessionsgruppe der Apostolischen Gemeinschaften und Abgrenzung
Bei oberflächlicher Betrachtung bestehen scheinbar frappierende Ähnlichkeiten mit den Mormonen, die oft zu einer Verwechslung mit der Konfessionsgruppe der Apostolischen Gemeinschaften führen.
1. So erfolgten bei beiden Religionsgesellschaften zuerst die Wiederausgießung des Heiligen Geistes und danach die Wiederherstellung des zwölffachen Apostelamtes.
2. In beiden Religiongemeinschaften wurde das Prophetenamt wieder eingerichtet. Bei einigen der Apostolischen Gemeinschaften wurde dieses wieder abgeschafft und das prophetische Amt soll auf das Apostelamt übergegangen sein. Bei den Mormonen war erst nur ein Prophet vorhanden (Joseph Smith, jr.). Nach der Schaffung des Apostelamtes wurde die prophetische Gabe von ihm auch auf die Apostel übertragen. Die Heiligen der Letzten Tage betrachten die Erste Präsidentschaft und die Zwölf Apostel als Propheten, Seher und Offenbarer, die göttliche Offenbarung und Inspiration empfangen, um die Kirche zu leiten.
3. Wie später in Teilen der Apostolischen Gemeinschaften einstand eine oberste Führung. Bei einigen Apostolischen Gemeinschaften entstand das Stammapostelamt und bei den Mormonen steht an der Spitze der Organisation dieser Kirche ein „Präsident der Kirche“ (Ihm zur Seite stehen mindestens zwei Ratgeber und bilden mit ihm die Erste Präsidentschaft). Beim Tod des Präsidenten der Kirche der Mormonen wird das Kollegium der Zwölf Apostel zur präsidierenden Körperschaft, bis ein neuer Präsident berufen und ordiniert wird.
4. Zumindest in einigen Teilen der Apostolischen Gemeinschaften wurde eine intensive Missionsarbeit, mit Haustürbesuchen im Stil der Mormonen durchgeführt.
5. Neben der Heiligen Schrift bestimmen auch andere Elemente die religiöse Richtung, so bei den Mormonen noch einige weitere Schriften (Das Buch Mormon und die 133 weitere Offenbarungen von Joseph Smith, jr. in seinem mehrfach ergänzten und überarbeiteten Werk Lehre und Bündnisse). Bei einigen Apostolischen Gemeinschaften wurden und werden auch Offenbarungen, Träume, Gesichter und Botschaften bedeutsam und richtungsweisend.
6. Es können in beiden Religionsgemeinschaften Segenshandlungen und Sakramente über Lebende an die Toten vollzogen werden, so bei den Mormonen die Taufe Verstorbener in Form lebender Stellvertreter, um auch bereits Verstorbenen die Aufnahme in die Kirche und das Ewige Leben zu ermöglichen. Bei einigen Apostolischen Gemeinschaften können ebenfalls Totenhandlungen im sogenannten Entschlafenenwesen durchgeführt werden. Das Entschlafenenwesen lehrt die Möglichkeit, dass auch bereits Verstorbene noch Heil finden oder Sünden loswerden können. Dabei wird vor allem die Gnade Jesu Christi betont, die eine Zustandsänderung einer Seele im Jenseits ermögliche. Die verschiedenen christlichen Institutionen (Sakramente, Wort Gottes, etc.) sollen daher auch Entschlafenen (Verstorbenen) in bestimmter Weise überreicht werden.
7. Viele Mormonengemeinschaften haben kein Interesse an der Ökumene und sprechen allen anderen Kirchen Vollmachten ab. Sie erkennen jedoch andere Christen als solche an und arbeiten insbesondere im humanitären Bereich mit anderen Religionen zusammen. Ferner setzen sie sich für interkonfessionelle Toleranz ein. In ähnlicher Weise agieren Teile der Apostolischen Gemeinschaften.
8. Joseph Smith jr. sah mit seiner Mission die Endzeit eingeläutet. Bei den Apostolischen Gemeinschaften existiert auch ein Endzeitglaube mit ausgeprägter Naherwartung.
9. Die Mormonen zeigen, wie auch die Apostolischen Gemeinschaften, einen ausgeprägten Hang zur Spaltung und zu Machtkämpfen, bzw. zu unterschiedlichen Religionsauslegungen bei gleichzeitigem Bekenntnis zur selben Gründungsgeschichte.
Trotzdem bestanden und bestehen keinerlei historische oder sonstige Verbindungen zu den apostolischen Gemeinden, die sich erst ab 1831, also erst ca. 1 Jahr danach, in England bildeten. Allenfalls sind eine zeitliche Nähe der Gründungen dieser verschiedenen Bewegungen und einige Ähnlichkeiten festzustellen, die aber eher charakteristisch für viele Gemeinschaften aus der Erweckungsbewegung sind. In den Erweckungsbewegungen allgemein wurde der Heilige Geist, die Erfüllung eines Gläubigen mit dem Heiligen Geist und die Gaben des Heiligen Geistes wiederentdeckt, sowie das Apostelamt für notwendig erachtet.
Tatsächlich treten bei einer tieferen Analyse unüberbrückbare Glaubens- und Lehrunterschiede zutage.
Literatur
- Das Buch Mormon, Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage, 20. unveränderte Auflage, 1978, Corporation of the President of Jesus Christ of later Days Saints
- Die Religionen der Menschheit, Friedrich Heiler, neu herausgegeben von Kurt Goldammer, Büchergilde Gutenberg, Verlag Philipp Reclam, 1981