Am 27. März diesen Jahres jährt sich der Geburtstag von Johann Heinrich Ernst Ludwig Geyer zum 200. Mal. Heinrich Geyer war Gerichtsschreiber, Volksschullehrer, Hausvater eines Kinderheims, Redakteur und Publizist, Unterdiakon, Priester und Engel in den katholisch-apostolischen Gemeinden, er war bekannt und anerkannt als Prophet, besaß wohl die Gaben des Zungenredens und der Krankenheilung – und er ist einer der Gründerväter auf dem Weg zu den neuen apostolischen Gemeinden des 20. Jahrhunderts. Sein Leben hat er in den Dienst des christlichen Glaubens gestellt – dabei war er immer auf der Suche. Ihn trieb die Frage nach der „Vergangenheit und Zukunft der Kirche Christi“ um, wie eine seiner Schriften heißt:
„Die Kirche Christi war und ist nicht dazu bestimmt, … eine willkürliche Masse von getauften Menschen zu bilden, welche, nachdem sie gesammelt sind, nach eigenem Gutbefinden leben und endlich sterben, um anderen Generationen wieder Platz zu machen. Die Kirche Christi ist ein himmlisches Institut, welches eine endliche Vollendung und einen Abschluss, sowohl in Betreff der Dauer seines irdischen Zustandes, als der Zahl der Glieder zu erwarten hat. Die Zeit und Stunde dieses großen Abschlusses ist uns in der heiligen Schrift nicht mitgeteilt; aber das wissen wir, dass dieser Zeitpunkt der Vollendung mit der Zukunft unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi zusammenfällt.“ (ebd., S. 21)
Das Leben Heinrich Geyers war dabei von konfessionellen Brüchen geprägt, die ihn von der evangelischen Landeskirche in die katholisch-apostolischen Gemeinden, von dort 1863 in die Hamburger Allgemeine christlich-apostolische Mission und dann wieder im Jahr 1878 in ihre liturgisch konservative Abtrennung führte. Das machte ihn zur kontroversen Persönlichkeit, und für viele Zeitgenossen zur Projektionsfläche ihrer Abneigung. In finanziellen Angelegenheiten agierte Heinrich Geyer zudem wenig glücklich – in den weltlichen Dingen versuchte er viel, es gelang ihm jedoch wenig. Die von ihm zuletzt maßgeblich mitgeleitete Allgemeine christlich-apostolische Mission, genauer deren 1878 abgetrennter konservativer Teil, hatte noch etwa zwei Jahrzehnte nach seinem Tod im Jahr 1896 Bestand.
Sein Enkel Johannes Geyer, Pastor zu Hamburg, schrieb zum 27. März 1918, also vor einhundert Jahren:
„Hat er auch nicht viel äußeren Erfolg gehabt, so ist doch ohne Zweifel ein reicher innerer Segen für zahlreiche Seelen von ihm ausgegangen. In ihm lebte ein edler Retterwille, der auf der tiefen Einsicht beruhte, dass die Menschen im höchsten Grade hilfsbedürftig sind, ob sie es selbst wissen oder nicht. … Und derselbe Wunsch zu helfen war es, der ihn veranlasste, sich später ohne Rücksicht auf eigenen Vorteil an der apostolischen Sache zu beteiligen. Hier sah er ein Rettungswerk im Großen. Hier fand er den ernstesten Willen, dem Verderben zu steuern, dem die christliche Kirche immer mehr anheimzufallen drohte. … Dies war eben der Weg, der sich zu seiner Zeit ihm zeigte, und auf dem auch gewiss viele Seelen zu einem lebendigen Christentum gekommen sind. Würde er heute noch unter uns leben und sehen, dass dieser Weg doch nicht zu dem Ziele geführt hat, das er für die Christenheit erhoffte, so würde er gewiss bereit sein, neue zeitgemäßere Wege einzuschlagen und nichts unversucht lassen, um dem Christus Seelen zu gewinnen.“