Johann Albrecht Bengel: Unterschied zwischen den Versionen
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Bengel studierte von 1703 bis 1706 an der Universität Tübingen (als Stipendiat des Evangelischen Stifts) zunächst die Freien Künste, dann Theologie. Danach wurde er Stiftsrepetent in einer Zeit, als das Stift stark vom Radikalen Pietismus beeinflusst war. Obwohl Bengel sich nie von der Kirche trennte, sondern dort Karriere machte, hat sich diese Prägung stark ausgewirkt, vor allem in seiner intensiven Beschäftigung mit der Offenbarung des Johannes. Der junge Mann wurde Vikar – unter anderem in Metzingen – und trat nach einer Studienreise nach Halle (Saale) 1713 als Lehrer in das evangelische Kloster Denkendorf (Württemberg) ein. | Bengel studierte von 1703 bis 1706 an der Universität Tübingen (als Stipendiat des Evangelischen Stifts) zunächst die Freien Künste, dann Theologie. Danach wurde er Stiftsrepetent in einer Zeit, als das Stift stark vom Radikalen Pietismus beeinflusst war. Obwohl Bengel sich nie von der Kirche trennte, sondern dort Karriere machte, hat sich diese Prägung stark ausgewirkt, vor allem in seiner intensiven Beschäftigung mit der Offenbarung des Johannes. Der junge Mann wurde Vikar – unter anderem in Metzingen – und trat nach einer Studienreise nach Halle (Saale) 1713 als Lehrer in das evangelische Kloster Denkendorf (Württemberg) ein. | ||
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Aktuelle Version vom 3. März 2016, 08:59 Uhr
Johann Albrecht Bengel (* 24. Juni 1687 in Winnenden; † 2. November 1752 in Stuttgart) war ein schwäbischer lutherischer Theologe und ein Hauptvertreter des deutschen Pietismus. Mit seinen Aussagen zur Wiederkunft Christi kann er als einer der Wegbereiter der apostolischen Bewegung gelten.
Leben
Bengel studierte von 1703 bis 1706 an der Universität Tübingen (als Stipendiat des Evangelischen Stifts) zunächst die Freien Künste, dann Theologie. Danach wurde er Stiftsrepetent in einer Zeit, als das Stift stark vom Radikalen Pietismus beeinflusst war. Obwohl Bengel sich nie von der Kirche trennte, sondern dort Karriere machte, hat sich diese Prägung stark ausgewirkt, vor allem in seiner intensiven Beschäftigung mit der Offenbarung des Johannes. Der junge Mann wurde Vikar – unter anderem in Metzingen – und trat nach einer Studienreise nach Halle (Saale) 1713 als Lehrer in das evangelische Kloster Denkendorf (Württemberg) ein.
In Denkendorf beeinflusste er zwei Generationen von Schülern, die als pietistische Pfarrer in Erscheinung traten und eine erhebliche Wirksamkeit innerhalb der Landeskirche entfalteten. 1741 wurde er Prälat von Herbrechtingen, 1749 Abt von Alpirsbach.
Bengel kam 1747 in den Landtag und wurde 1751 Dr. theol. h. c. Von den 12 Kindern, die er mit seiner Frau, Johanna Regina Bengel, geb. Seeger, hatte, erreichten sechs das Erwachsenenalter.
Werk
Bengel gilt als der wichtigste württembergische Pietist des 18. Jahrhunderts und tat sich besonders in der Exegese des Neuen Testaments und seinen chiliastischen Endzeittheorien hervor. Er ist einer der Begründer der Textkritik des Neuen Testaments, da er einen beträchtlichen Teil seiner Forschungsarbeit darauf verwendete, die Lesevarianten zu untersuchen, die durch die verschiedenen Manuskripte überliefert waren. Er kam dabei zu dem in der Textkritik noch immer angewendeten Grundsatz, dass die „schwierigere Lesart der leichteren vorzuziehen sei“.[1] Dieser Grundsatz basiert auf der Erkenntnis, dass wenn Kopisten ihre Texte bewusst veränderten, dies in der Regel passierte, weil sie versuchten, den Text zu verbessern oder zu harmonisieren. Um den älteren und damit möglicherweise originaleren Text erkennen zu können, ist die „schwierigere“ Lesart in der Regel vorzuziehen. Auf Bengel geht außerdem die Methode der Textkritik zurück, die Dokumente in eng miteinander verbundene Gruppen einzuteilen. Damit wird eine Stammlinie von Dokumenten entwickelt.
1734 erschien eine textkritische Ausgabe des Neuen Testaments, wo er an der Verbalinspiration festhielt, welche er mit dem auf Luther („scriptura sui ipsius interpres“) zurückgehenden Satz begründete: „Die Heilige Schrift wird durch nichts sicherer als durch sich selbst ausgelegt“.
1740 erschien die Erklärte Offenbarung Johannis, worin er aus Apk 20 in chiliastischer und postmillenaristischer Manier den Beginn des ersten eschatologischen Millenniums (Zeitraums von tausend Jahren) für den 18. Juni 1836 berechnete. Bengel vertrat in der Eschatologie einen Dischiliasmus, d. h. die Auffassung, dass der persönlichen Wiederkunft Christi und dem Jüngsten Gericht ein Zeitraum von zweimal (griech. „dís“) tausend Jahren (vgl. griech. „dischília éte“ = 2000 Jahre) vorausgehen sollte. 1742 veröffentlichte er den lateinischen Gnomon Novi Testamenti, einen um Genauigkeit bemühten Kommentar zum Neuen Testament, der den wahren Sinn des Textes aufschließen, aufzeigen sollte („Gnomon“ bedeutet „Zeiger“).
Mit Zinzendorf hatte er 18 Jahre lang Streit, wodurch es zu einem Bruch zwischen der Herrnhuter Brüdergemeine und der von Bengel vertretenen Richtung des württembergischen Pietismus kam. In diesem Streit stellte sich Bengel mit seiner klaren systematisierenden Einsicht in den göttlichen Heilsplan gleichsam dogmatisch gegen das dynamische, allem Systematischen abholde ökumenisch-missionarische Streben Zinzendorfs. So schreckte Bengel nicht vor chronologischen Manipulationen historischer Kalendarien zurück, was Zinzendorf gleichsam als abergläubische „zeichen-deuterey“ abtat.
Noch lange nach seinem Tod wirkten die Gedanken Bengels in Württemberg nach. Beispielsweise wurde auch Johann Tobias Beck von ihm geprägt. Freilich wurden sie von einem Teil seiner Anhänger stark umgedeutet. Der Akzent wurde bei diesen im Anschluss an Offb 19 auf die dem Beginn des ersten Jahrtausends vorausgehenden Gerichte gelegt, und sie gingen im Gegensatz zu Bengel von einer persönlichen Wiederkunft Christi im Jahre 1836 aus. Als im frühen 19. Jahrhundert Missernten und Fehlherbste auftraten und Württemberg in eine schwere Krise stürzte, schienen sich solche Erwartungen zu erfüllen. Deshalb kam es 1816/17 zu einer starken Auswanderungsbewegung in den Kaukasus, das damalige Südrussland (siehe auch Kaukasiendeutsche). Da Palästina wegen der osmanischen Herrschaft nicht zugänglich war, wollte man dem wiederkommenden Christus wenigstens ein Stück weit entgegen ziehen. Aber 1836 blieb die erwartete Wiederkunft aus.
Literatur
- Oskar Wächter: Johann Albrecht Bengel, Lebensabriß, Charakter, Briefe und Aussprüche. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1865
- Gottfried Mälzer: Bengel und Zinzendorf: Zur Biographie und Theologie Johann Albrecht Bengels. Luther-Verlag, 1968
- Gottfried Mälzer: Johann Albrecht Bengel: Leben und Werk. Calwer Verlag, Stuttgart 1970
- Ulrich Gäbler: Johann Albrecht Bengel und seine Nachwirkungen. In: Martin Brecht: Geschichte des Pietismus. Vandenhoeck & Ruprecht, 2000, ISBN 3-525-55349-8, S. 33–36
- Johann Christian Friedrich Burk: Dr. Johann Albrecht Bengels Leben und Wirken. Steinkopf Verlag, Stuttgart 1831
- Friedhelm Groth: Die Wiederbringung aller Dinge im Württembergischen Pietismus. Theologiegeschichtliche Studien zum eschatologischen Heilsuniversalismus württembergischer Pietisten des 18. Jahrhunderts. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, S. 61–88 (= Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Band 21)
- Karl Hermann: Johann Albrecht Bengel. Der Klosterpräzeptor von Denkendorf. Stuttgart 1937 (Reprint: Stuttgart 1984)
- Martin H. Jung: „Ein Prophet bin ich nicht…“ Johann Albrecht Bengel. Theologe – Lehrer – Pietist. Stuttgart 2002. (Jung verweist wie vor ihm schon Johannes Wallmann darauf, dass Bengel für das Jahr 1836 keine persönliche Wiederkunft Christi erwartete.)
- Harmann, Hauck: Bengel, Johann Albrecht. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 2, Hinrichs, Leipzig 1897, S. 597–601.
- Martin Brecht: Bengel, Johann Albrecht. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 5, de Gruyter, Berlin/New York 1980, ISBN 3-11-007739-6, S. 583–589.
- Alexander Freiherr von der Goltz: Bengel, Albrecht. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 331–333.
- Karl Hermann: Bengel, Albrecht. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 47.