Schulchor (Berlin)
Der Berliner Schulchor ist ein traditionsreicher neuapostolischer Chor der Gebietskirche Berlin-Brandenburg.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
In vielen Bezirken hat der Chorgesang eine lange Tradition. So auch im Bereich der Gebietskirche Berlin-Brandenburg. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich in den damals jungen Gemeinden erste Chöre. Sangesfreudige Geschwister fanden sich zusammen, um die Gottesdienste zu umrahmen. Das Einüben der Lieder erfolgte je nach Temperament, Interpretation und den musikalischen Fähigkeiten der Dirigenten. Somit trugen die einzelnen Chöre die Lieder sehr unterschiedlich vor.
Unterstützung erhielten die Berliner Gemeindechöre durch den Berufsmusiker Emanuel Gohle, der 1897 in Berlin versiegelt wurde. Den Auftrag erhielt er etwa 1901 vom damaligen Stammapostel Friedrich Krebs. Bezirksapostel Ernst Traugott Hallmann erweiterte 1906 den Auftrag an Bruder Gohle, indem er in bat, auch Lieder für Chor- und Gemeindegesang zu komponieren.
Ab 1923 war Bezirksapostel Martin Lax für die Gemeinden Berlins zuständig und ihm gefiel die eingangs beschriebene unterschiedliche Singweise der Chöre nicht. Es war sein Wunsch, die Dirigenten zu schulen, um eine etwa gleiche Auslegung und somit einheitliche Vortragsweise der Lieder zu gewährleisten. Er berief im Februar und am 21. März 1924 je eine Dirigentenversammlung ein und prägte dabei den Begriff "Schulchor". Der sollte sich aus begabten Sängerinnen und Sänger zusammensetzten, deren Zahl je nach Größe der Gemeinden bzw. der Chöre prozentual festgelegt wurde. Der 1924 erblindete Diakon Max Hölting aus der Gemeinde Berlin- Südost wurde vom Bezirksapostel zum Hauptdirigenten aller Berliner Chöre eingesetzt und damit auch zum Leiter des neugegründeten Berliner Schulchores. An der ersten Übungsstunde nahmen rund 500 Sänger(innen) teil. Bezirksapostel Lax erläuterte ihnen den Zweck des Zusammenseins und stellte ihnen den Schulchordirigenten vor. Entsprechend den damaligen Ältestenbezirken setzte er weitere fünf Bezirksdirigenten zur Unterstützung von Bruder Hölting ein. Das erste vom Schulchor eingeübte Lied war: "O, komm mit mir, ich will dich leise führen in eines holden Gartens Zauberland" (GB 197; neues GB Nr.: 111).
Die Art und Weise des Übens war für alle Sänger (innen) etwas völlig Neues. Bruder Hölting erwarb sich rasch das Vertrauen der Dirigenten, die sich willig unter seine Leitung stellten, und das der Sänger(innen). Sein oberstes Bestreben war, ihnen Sinn und Feinheiten eines Liedes nach Melodie und Text nahe zu bringen, damit es "mit Seele" gesungen werde. Er sagte oft: "Allein was aus der Seele kommt, kann wieder die Seele erreichen und sie zum Klingen bringen." Ein weiteres zitiertes Wort von Max Hölting bringt seine Einstellung zu dieser Mitarbeit ebenfalls deutlich zum Ausdruck: "Der Chor kann technisch noch so vollkommen sein, wenn er nur für das Ohr, nicht aber für das Herz singt, so hat er seinen Sinn für uns verloren." Die Aufgabe des Schulchores war damit klar umrissen; eine einheitliche, aber nicht schablonenhafte Singweise der Lieder in allen Chören zu erzielen. Die Dirigenten sollten das im Schulchor Erlernte in den Gemeindechören umsetzten und festigen. Max Hölting war auch ein begnadeter Komponist und hat viele Lieder für unsere Chöre geschaffen, die zum Teil heute noch gesungen werden.
Singen vor Publikum
Bereits 1931 hatte sich zu den Übungsstunden des Schulchores eine immer größer werdende Zuhörergruppe aus interessierten Geschwistern gebildet. Nach der schweren Erkrankung des Bezirksapostels Lax 1933 übernahm Bezirksapostel Arthur Landgraf ab Juli 1934 die Betreuung des Apostelbezirkes Berlin. Als ehemaliger Sänger hatte er ein weites Herz für die Arbeit des Schulchores und erweiterte dessen Aufgaben. Er gestattete ab 1935 allen Interessenten und Gästen die Schulchorübungsstunden als Zuhörer zu besuchen. Weiterer Dirigent war unter anderem auch Kurt Westphal.
Eine Zwangspause
Auf Grund der politischen Verhältnisse wurde gegen Ende der 30er Jahre nicht nur die Arbeit der Kirche, sondern auch die des Schulchores immer mehr eingeschränkt. Durch die Einberufung vieler Männer zum Wehrdienst ging die Zahl der Sänger deutlich zurück. Es traten gezwungenermaßen Pausen zwischen den Übungsstunden ein. Im Mai 1943 fand vermutlich die letzte Zusammenkunft vor dem Kriegsende statt.
Ein Neubeginn
Nach dem Stand der bisherigen Recherche traf sich der Schulchor am 17. Juni 1946 zu seiner ersten Übungsstunde nach dem Krieg in der Gemeinde Charlottenburg. Die Fenster waren nur notdürftig vernagelt, der Wind pfiff durch die Ritzen, und dazu wurde das Lied gesungen "Meister, es toben die Winde". Allmählich verbesserten sich auch die Verkehrsbedingungen, und so besuchten immer mehr Sänger(innen) sowie Zuhörer(innen) die Übungsstunden des Schulchores. Auf Grund dieses großen Zulaufs sah Bezirksapostel Landgraf 1947 keine andere Möglichkeit, als den Chor zu teilen.
Von Juni 1948 bis Mai 1949 sperrte die Sowjetunion die Land- und Wasserwege für Personen sowie den Güterverkehr zwischen den Berliner Westsektoren und Westdeutschland. Das führte zu einer erneuten Pause der Schulchortätigkeit. Eine von zwei Ausnahmen war ein Singen am 21. März 1949 aus Anlass des 25ig jährigen Bestehens des Schulchores, wobei der erste Schulchordirigent, Max Hölting, im Alter von 74 Jahren auf eigenen Wunsch in den Ruhestand trat. Nachfolger wurde Diakon Walter Mienert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch ein Jugendschulchor gegründet und von Günter Brücher seit September 1955 stellvertretend geleitet.
Ein weiterer Einschnitt
Dem Tod des Bezirksapostels Landgraf am 15. Dezember 1956 folgte ein weiterer Einschnitt in die Arbeit des Schulchores. Während der neue Bezirksapostel Wilhelm Schmidt für Berlin und Brandenburg zuständig war, wurde mit dem Apostelbezirk Mecklenburg und Vorpommern ein neuer Bereich gegründet, dem Herbert Tiedt als Bezirksapostel vorstand. In Folge schieden die Chöre aus, die zum neuen Apostelbezirk gehörten.
Zwei Schulungschöre
Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 brachte für den Schulchor entscheidende Veränderungen. Da West-Berlin nun völlig isoliert war, ergab sich die zwangsweise Teilung des Chores in Berlin-Ost und Berlin-West. Letzterem blieben die drei Schulchorgemeinden Schöneberg, Neukölln und Nordwest. Dort war weiterhin Diakon Mienert als Dirigent tätig. Der West-Berliner Schulchor begann am Montag 04. September 1961 mit einer Übungsstunde in Schöneberg. Völlig unerwartet starb Walter Mienert am Heiligen Abend desselben Jahres. Seine Nachfolge trat Priester Georg Kassow an. Er leitete den West-Berliner Schulchor bis zum 08. Mai 1981, an diesem Tag wurde er von Bezirksapostel Arno Steinweg in einer Feierstunde in den Ruhestand versetzt. An seiner Stelle trat Evangelist Günter Brücher. Brücher ist auch als Komponist bekannt. Seine Werke findet sich hauptsächlich im Berliner Anhang, aber auch in der neuapostolische Chorliedersammlung (CB 73 "In schweren, dunklen Stunden" und CB 290 "Wo ich auch geh' und stehe"). Große Freude herrschte über den Besuch von Stammapostel Hans Urwyler beim Schulchor in Schöneberg am 16. Mai 1987.
Berlin, DDR
Wie in West-Berlin begann auch im Osten der Stadt im September 1961 wieder planmäßig die Schulchorarbeit. Trotz des Mauerbaus ging es fast wie gewohnt weiter. Der bis dahin als Stellvertreter von Diakon Mienert tätige Diakon Emanuel Malzahn übernahm den Schulchor im DDR-Gebiet. Im Mai 1971 wurde Evangelist Bodo-Horst Behnke für den Ost-Berliner Schulchor Vizeschulchordirigent, im September 1978 übernahm er die Leitung als Hauptdirigent. Als erster Stammapostel besuchte Ernst Streckeisen am 24. August 1975 die DDR. Ab 1978 fanden Schulchorsingen in der neuen Kirche Berlin-Lichtenberg statt; in der Regel kamen dazu 800 Mitwirkende. Als "Rekord" gelten 1200 Sänger(innen) beim Besuch von Stammapostel Hans Urwyler mit allen Bezirksapostel am 09. September 1984.
Wiedervereinigung
Am 05. Januar 1992 gliederte Stammapostel Richard Fehr das ehemals abgetrennte West-Berlin wieder in den Apostelbezirk Berlin-Brandenburg ein. Bezirksapostel Fritz Schröder rief aus diesem Anlass am 20. Januar 1992 in Berlin-Lichtenberg die Schulchor- und Bezirksdirigenten zusammen. Das erste Zusammenwirken des wiedervereinigten Berliner Schulchores erfolgte am 27. Januar 1992 in Lichtenberg unter der Leitung von Bodo-Horst Behnke. Ihn unterstützten die Vizeschulchordirigenten Dieter Bock, Günter Brücher und Bruder Clauß. Am 29. März 1999 wurde Priester Dieter Bock 65 Jahre alt. Auf seinen Wusch hin verabschiedete ihn Bezirksapostel Schröder am Abend dieses Tages als Schulchordirigent.
Weitere Chorgründungen
Die Begeisterung der Mitwirkenden im Schulchor ermöglichte eine Erweiterung und Gründung zusätzlicher Chöre. So entstand schon 1924 ein 60 bis 70 Mann starker Dirigentenchor. Er wurde immer vom jeweiligen Schulchordirigent geleitet. Mit der Schulchorgründung entstand aus dem Kreis der Tenöre und Bässe auch ein 250 starker Männerchor. 1959 wurde auf Initiative des damaligen Leiters der Abteiling Musikalien im Verlag Friedrich Bischoff, Hermann Ober, ein Gesamt-Berliner Schallplattenchor gegründet. Zunächst kamen zwölf Sänger(innen) aus dem Westteil Berlins und 28 aus dem Ostteil zusammen. Sie wurden für die geplanten Aufnahmen besonders geschult. Durch den Bau der Berliner Mauer wurde auch dieser Chor zerrissen. Er blieb fortan auf West-Berlin begrenzt und musste sich neu formieren. Er existierte bis 1994 und wurde mit der Ruhesetztung von Hermann Ober aufgelöst. Im Frühjahr 1949 bat Bezirksapostel Landgraf in einem Rundschreiben begabte jugendliche Sängerinnen bis zum 25. Lebensjahr, sich zu einem Mädchenchor zusammen zu schließen. Ein weiterer Berliner Mädchenchor begann seine Tätigkeit im November 1968 unter der Leitung von Diakon Dieter Bock.
Orchester I (ehemals Berlin-DDR)
Anlässlich eines Gottesdienstes für die Jugend im Ältestenbezirk Berlin-Ost hatten drei junge Brüder die Idee, mit ihren Instrumenten - Blockflöte, Fagott und Kontrabass - aufzutreten. Nach einem Aufruf im Jugendgottesdienst trafen sich am 13. April 1981 fünfzehn interessierte Geschwister zu einer ersten Probe. Im Dezember 1983 spielte das Orchester das erste Mal im Schulchor. Bezirksapostel Wilhelm Pusch gab den Anstoß, das Orchester auf den gesamten Apostelbezirk auszudehnen. Zu seinem zehnjährigen Bestehen 1991 hatte das Orchester 44 Mitglieder, sein Repertoire umfasste 50 Titel. Nachdem der Apostelbezirk Berlin-West wieder in den Apostelbezirk Berlin-Brandenburg eingegliedert worden war, gibt es in Berlin zwei Orchester: Orchester II (ehemals Berlin-West) Das Orchester in Berlin-West wurde im Januar 1976 ins Leben gerufen. Bruder Günter Klatt, Klavierstimmer und Orgelspieler, baute in Schmargendorf die bereits bestehende Instrumentalgruppe zu einem klingenden Orchester aus. Gegenüber den Streichern war die Bläsergruppe, die ab Mitte der 80er Jahre des Öfteren eigenständig eingesetzt wurde, unverhältnismäßig groß. Bis heute ist die Besetzung mit 30 bis 35 Mitgliedern relativ konstant geblieben.
Kinderorchester / Nachwuchsorchester
Am 06. September 1991 begann das erste Kinderorchester im Apostelbezirk Berlin-Brandenburg mit der Probearbeit. Dazu hatten sich 32 Kinder mit ihren Eltern eingefunden. Zu einem ersten Einsatz kam das Kinderorchester am 10. Februar 1992, Dirigent war Diakon Burkhard Beyer. Bereits 1993 gestaltete das Kinderorchester Konzerte für Gäste und bereitete in Senioren- und Pflegeheimen besondere Freude. Ein Höhepunkt war der Auftritt im großen Kindergottesdienst 1993 in Berlin-Lichtenberg. Auf Grund der großen Beteiligung und unter Berücksichtigung der Anfahrtswege für die zum Teil noch sehr jungen Mitglieder wurde das Orchester 1993 danach aufgeteilt.
Am 20. Januar 1992 wurden die beiden Berliner Schulchöre unter der Leitung der Dirigenten Behnke und Brücher wiedervereinigt.[1]