Brüderbewegung

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Die sogenannte Brüderbewegung oder auch Brüdergemeinden ( The Plymouth Brethren ) oder auch einfach nur nur "Brüder" oder "Brethren" genannt. Diese Name wird von ihnen bevorzugt, weil sie jeden Namen, der sie von anderen Christen trennen würde, ablehnen. Sie sind aber eine selbständige Gemeinde und sehen ihren Ursprung in der anglikanischen Kirche. Oftmals werden sie auch als Darbyisten bezeichnet. Ihre Entstehung ist eng mit der apostolischen Bewegung verknüpft.

Entstehung und Verknüpfung mit der apostolischen Bewegung

Was weithin unbekannt ist, und auch teilweise in den Kreisen der Brüderbewegung ungern wahrgenommen wird, ist die Tatsache, dass die Brüdergemeinden und die katholisch-apostolische Bewegung in ihrer Entstehung eng miteinander verwoben waren und sich erst später voneinander fortentwickelten. Der enge Verknüpfung der beiden Bewegungen liegt teilweise im Dunkeln und wurde bis in die Gegenwart nicht eingehend erforscht.

Eine wichtige Funktion bei der Entstehung der Brüdergemeinden haben die Albury-Konferenzen. Die Gräfin Theodosia Wingfield Powerscourt war eine begeistertere Zuhörerin der Predigten von Edward Irving. Irving nahm sie schließlich mit nach Albury, um mit ihr an den dortigen Konferenzen teilzunehmen. Auch John Nelson Darby war offen für die Ansichten Irvings und des Albury-Kreises.

Edward Irving hielt auch Vorträge außerhalb der Albury Konferenzen. Hierbei verbreitete er aber nur die dort gewonnenen Erkenntnisse. So wurde er nach Schottland, Irland und Wales eingeladen, um dort seine Erkenntnisse zu vermitteln. Edwar Irving hielt im Rahmen dieser Einladungen auch Vorträge auf dem Schloss der Gräfin Maria Haddington (Schloss Albany) und auf dem Schloss der Gräfin Theodosia Wingfield Powerscourt (Powerscourt House).

Auch wenn er in Verbindung zu dem Kreis um Edward Irving und den Teilnehmern der Albury-Konferenzen stand, zog Darby es vor, unabhängig zu referieren. Von Theodosia Wingfield Powerscourt unterstützt, führte er fortan die sogenannten Powerscourt Konferenzen durch, welche allerdings nicht die gleiche Beachtung fanden wie die Albury-Konferenzen. Auch Edward Irving war zeitweilig Teilnehmer der Powerscourt-Konferenzen.

Besonders für Darby und seine Entwicklung der Lehre von der sog. Vorentrückung waren auch die Ereignisse um die Erweckung in Westschottland. Dort hatte im Frühjahr 1830 Margaret MacDonald eine Vision, dass ein Teil der Gemeinde Christi, nämlich besonders zugerüstete und versiegelte Gotteskinder vor dem Auftreten des Antichrists entrückt werden würden und nicht die Läuterung der großen Drangsal ausstehen müssten. Im Sommer 1830 reist Darby nach Schottland, um die dortigen Ereignisse zu prüfen. Für zwei bis drei Wochen wohnt er bei der Familie Campbell, lernte dort auch die Brüder James MacDonald, George MacDonald und Margaret MacDonald kennen und hörte sie in Zungen reden. Später berichtet er über diese Ereignisse in der Schrift "The Irrationalism of Infidelity". Er stand jedoch den Geistesgaben skeptisch gegenüber. Er nennt die Vorgänge in Port Glasgow eine "Verblendung". Er sei dort zwar freundlich, aber nur als Prüfender, der noch nicht glaubt, zugelassen worden. Auffallend ist jedoch, dass Darby 1829 die Lehre von der Vorentrückung nicht kannte, nach 1830 diese Lehre jedoch vertrat. [1]

Keimzelle der Brüdergemeinde in Dublin

In etwa zur gleichen Zeit waren vielerorts, auch angeregt durch das Flugblatt "Hinweise für eine allgemeine Vereinigung der Christen zum Gebet für die Ausgießung des Heiligen Geistes" Gebetskreise entstanden. Ab dem Jahre 1825 versammelten sich jeden Sonntag in Dublin (Irland) Dr. Edward Cronin und Edward Wilson. Sie brachen gemeinsam das Brot (Abendmahl) beteten an und studierten in der Bibel. Sie fühlten sich in der Anglikanischen Kirche nicht mehr zu Hause ihnen fehlte geistliche Nahrung und Brüderlichkeit. Sie glaubten, dass sie in diesen Versammlungen den Herrn in ihrer Mitte haben, so wie es in Matthäus steht. "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." (Matthäus 18, 20) Sie wollten anfänglich nicht die Kirche in Frage stellen oder zerstören, sondern sich außerhalb derselben, versammeln. Trotz dieser Ansicht schloss sich die kleine Schar 1827 zu einer Gemeinschaft zusammen. Zu ihr gehörten

Darby und die Brüderbewegung

John Nelson Darby war ein ehemaliger Rechtsanwalt und zwischen 1825 und 1827 Hilfsgeistlicher der anglikanischen Irischen Landeskirche. 1830 gab John Nelson Darby seine anglikanische Hilfspriesterstelle auf um sich voll um die in Irland und England entstandenen Versammlungen zu kümmern.

In Plymouth gab es eine größere Versammlung unter Benjamin Wills Newton (1807-1899). Er lud John Nelson Darby 1832 ein mit ihm gemeinsam zu arbeiten. Bald wurde John Nelson Darby der wohl bekannteste Führer dieser Versammlungen, die viele Menschen anzogen, unter ihnen auch einige Personen aus der katholisch-apostolischen Bewegung. In jener Zeit waren die Grenzen zwischen katholisch-apostolischer Bewegung und der Brüderbewegung nicht definiert- es wird wohl einen "Grenzverkehr" zwischen beiden Gruppierungen gegeben haben, zumal viele persönliche Bekanntschaften zwischen den Personen beider Kreise bestanden.

Die vielen Prophetien der katholisch-apostolischen Bewegung, drangen auch in die Brüderbewegung ein, aber die Herstellung des Apostelamtes lehnte John Nelson Darby ab. Obwohl die Eschatologie der katholische-apostolischen Richtung, der der Brüdergemeinden anfänglich sehr ähnlich war, trennen sich hier spätestens die Wege.

Von 1832 bis 1845 war John Nelson Darby die führende Persönlichkeit der Brüderbewegung geworden. Ebrington Street-Versammlung bei Plymouth wurde schließlich zum Zentrum der Brüderbewegung und wuchs auf 1200 Mitglieder. John Nelson Darby übersetzte auch die Bibel erneut ins Englische, um für die Versammlung die wörtliche Grundlage zu den Lehren der Gemeinschaft zu finden. Diese Bibel ist bis heute die Grundlage der Brüderbewegung. Auch die Elberfelder Bibel ist aus diesem Glaubensbild heraus entstanden.

John Nelson Darby war und blieb wohl die bedeutendste Persönlichkeit dieser Bewegung. Er war aber genaugenommen gar nicht der Begründer dieser Gemeinde, sondern ist erst später zu dieser Gemeinschaft gestoßen und hat sie dann prägend beeinflusst.

Die Gemeinschaft wurde hauptsächlich durch John Nelson Darby auf ungezählten Reisen in Europa und Nordamerika verbreitet. Für die Entstehung von Brüdergemeinden in Deutschland war seine Begegnung mit dem Elberfelder Volksschullehrer und Evangelisten Carl Brockhaus bedeutsam. Darbys erster Besuch in Elberfeld fand im September 1854 statt, bis 1878 kam er weitere sieben Mal nach Deutschland. Mit Brockhaus gab Darby auch die Elberfelder Bibelübersetzung heraus.

Gegenwärtig sind Gemeinden aus der Brüderbewegung hauptsächlich in Großbritannien, in der Westschweiz und in Nordamerika verbreitet.

Theologische Bruchstelle zwischen Darby und KAG

Aufgrund seiner heilsgeschichtlichen Schau vertrat Darby außerdem die Ansicht, dass die Kirche nach der Zeit der Apostel irreparabel verfallen sei. Der Verfall habe bereits zur Zeit des Neuen Testaments begonnen. Darby stimmte in vielen Lehraussagen zwar mit der sich konstituiernden katholisch-apostolischen Gemeinde überein, kritisierte jedoch deren erklärte Absicht, die „Gemeinde nach dem Neuen Testament“ wiederherstellen zu wollen. Eine Wiederherstellung der ursprünglichen Gemeinde Jesu sei nicht mehr möglich, da Gott nie etwas wiederherstelle, was der Mensch verdorben habe, und außerdem das apostolische Amt fehle (und eben auch nicht wiederhergestellt werden könne). Für die gegenwärtige Gemeinde sei es nur noch möglich, sich im Namen Jesu zu versammeln. Unter dieser Versammlung im Namen Jesu verstand Darby vor allem das sonntägliche „Brotbrechen“ (Abendmahl). Seine Vision war es, dass sich alle Gläubigen an jedem Ort der Welt am „Tisch des Herrn“ versammeln und in ihrer Zusammenkunft vom Heiligen Geist geleitet werden. Am „Brotbrechen“ dürfen nach Darby jedoch nur solche teilnehmen, die sich durch gesunde Lehre, reinen Wandel und Trennung vom Bösen (dazu gehören auch die kirchlichen Strukturen) von den anderen unterscheiden.

Darbys Lehre zeigt also eine klare Ablehnung des kirchlichen Amtes und verwirft den Glauben an eine Wiederherstellung der göttlichen Ordnung in der Kirche - zwei der grundlegenden Lehren der katholisch-apostolischen Gemeinden.

In der Eschatologie entwickelte Darby aus dem "Albury-Gedankengut" der Periodisierung seine Lehre vom Dispensationalismus. Auch diese Quelle der Lehre Darbys wird zumeist verkannt oder ignoriert. Dieses theologisch-hermeneutische Modell wurde als Dispensationalismus vor allem im amerikanischen Protestantismus weit über die Brüderbewegung hinaus bekannt und bildet u. a. die Grundlage der Scofield-Bibel. Einerseits über Elberfeld, andererseits über ursprünglich amerikanische Freikirchen fand diese Lehre breiten Eingang in den deutschen Freikirchen.

William Kelly (1821-1906) rechtfertigte in dem letzten Teil seines Buches, dass Christus wieder kommt, die Originalität von John Nelson Darby mit Rücksicht auf seine Lehren vom tausendjährigem Friedensreich.

Heutige Situation der Brüdergemeinden in Deutschland

Die Brüderbewegung hat sich im Laufe ihrer Geschichte mehrfach gespalten. In Deutschland sind gegenwärtig folgende Gruppen der Brüderbewegung vertreten:

  • Die Brüdergemeinden im BEFG (ca. 21 % der deutschen Brüdergemeinden)
  • Der "Freie Brüderkreis" (ca. 30 % der deutschen Brüdergemeinden)
  • Die "blockfreien" Gemeinden (ca. 15 % der deutschen Brüdergemeinden)
  • Die "geschlossenen Brüder" (ca. 33 % der deutschen Brüdergemeinden)
  • Die "Raven-Brüder" (ca. 550 Mitglieder in Deutschland)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. H. Stadelmann, "Die Entrückung – vor oder nach der Trübsal? Über den Ursprung der Vorentrückungslehre", in: Die Botschaft, 124. Jhg., Dez. 1983, 6f.