Gebietskirche Baden-Württemberg
"Ein wandernder Handwerkgeselle war es, der Anno 1895 den neuapostolischen Glauben "ins Ländle" brachte. Schon 30 Jahre zuvor hatte der aus Weikersheim (Württemberg) stammende Apostel Johann Christoph Hohl vergeblich versucht, das Werk Gottes in seiner Heimat aufzubauen." Diese einleitenden Worte trägt ein Bericht aus der Familie Nr. 24/1996 des Bischoff- Verlages mit der Überschrift:
Württembergs Muttergemeinden werden 100
Im Jahre 1897 hatte in Württemberg das apostolische Werk senfkornartig begonnen, als durch das Zeugnis einzelner Personen die Botschaft von dem wiederaufgerichteten Gnadenwerk unseres Gottes hierher gebracht wurde. In den vergangenen Jahren hat sich dann alles so entwickelt, dass heute in Württemberg etwa 220 neuapostolische Gemeinden mit einer Mitgliederzahl von annähernd 20 000 Seelen bestehen... Stand Ende 1926.
Als am 05. Dezember 1926 der damalige Stammapostelhelfer Johann Gottfried Bischoff in Stuttgart diese Worte sprach, ahnte er sicher nicht, dass der Apostelbezirk Württemberg in den folgenden 70 Jahren auf 518 Gemeinden und 23 Stützpunkten mit annähernd 66 000 Mitgliedern anwachsen würde.
Den vorhanden Unterlagen zufolge wurde die erste neuapostolische Gemeinde Württembergs im Oktober 1896 in Tailfingen (das seit 1975 zu Albstadt gehört und zuvor noch ein eigenständiger Ort war) gegründet. Zu den sieben Personen die damals versiegelt wurden, gehörte Konrad Ammann, der gleichzeitig zum Diakon für die neu entstandene Gemeinde gesetzt wurde. Neben ihm stand Balthas Conzelmann, der in jenem Gottesdienst zum Unterdiakon gesetzt wurde. Er war als erster Tailfinger bereits einige Monate zuvor in Zürich versiegelt worden. Zeugnis hatte der junge Bruder Conzelmann im Jahr 1895 durch Diakon Joachim Prössel empfangen. Beide arbeiteten in Königsfeld im Schwarzwald. Conzelmann wollte der Sache auf den Grund gehen, gab seine Arbeitsstelle auf und fuhr Weihnachten nach Zürich, die nächst gelegene Gemeinde! Dort wurde er dann am 03. Mai 1896 durch Stammapostel Krebs versiegelt. Anschließend kehrte er in seine Heimatstadt Tailfingen zurück und begann unter Verwandten, Freunden und Bekannten den göttlichen Samen auszustreuen.
Zur gleichen Zeit begann Diakon Prössel auf Geheiß von Apostel Ruff mit dem Aufbau einer Gemeinde in Stuttgart. Joachim Prössel war - wie damals üblich - auf der Walz gewesen und hatte bei einem Schreinermeister in Königsfeld Arbeit gefunden. Auf Wunsch seines Vaters kehrte er 1894 für einige Monate in seine Heimatstadt Sandau bei Magdeburg zurück, wo er mit der Apostellehre bekannt gemacht wurde. In Mahlpfuhl besuchte er seinen ersten Gottesdienst. Ostern 1895, auf dem Rückweg in den Schwarzwald, kehrte Joachim Prössel bei Apostel Wilhelm Sebastian in Wolfenbüttel ein, wo ihn der ebenfalls anwesende Stammapostel Krebs versiegelte. Mit der damaligen Adresse von Apostel Ruff in Frankfurt kehrte Bruder Prössel nach Königsfeld zurück und begann, seinen Bekannten und Arbeitskollegen Zeugnis zu geben. Als er zu Pfingsten zu einem Gottesdienst des Stammapostels Krebs nach Zürich eingeladen wurde, brachte er bereits zwei Gäste mit. In jenem Gottesdienst erhielt er das Diakonenamt. Apostel Ruff bevollmächtigte ihn außerdem, Heiliges Abendmahl zu halten.
Erste Gottesdienste
Joachim Prössel und Balthas Conzelmann waren also nach Apostel Hohl die ersten neuapostolischen "Missionare" in Württemberg. Als Diakon Prössel 1896 wegen seines Glaubens seine Stellung verlor, fragte er Apostel Ruff um Rat. "Gehen sie nach Stuttgart und fangen sie dort das Werk Gottes an!" war dessen Antwort. Noch im gleichen Jahr fand er einige Seelen, die er mit nach Esslingen-Sulzgrieß nahm. Dort gab es bereits ein Gotteskind: den in Frankfurt am Main versiegelten Friedrich Stiegler (er wirkte ab 1922 als Apostel in Sachsen, Thüringen und Schlesien). In der Wohnung von Carl Wilhelm Knoll hielt Diakon Prössel die ersten Gottesdienste. Ebenfalls im Jahr 1896 kam das erste Zeugnis nach Altenstadt, das ab 1912 zu Geislingen gehörte.
Im Jahre 1897 erlebte die Entwicklung des Werkes Gottes in Württemberg einen rasanten Aufschwung. Die ersten Versiegelungen und Amtseinsetzungen in (Albstadt-) Tailfingen, Esslingen-Sulzgrieß und Altenstadt- Geislingen folgten Gemeindegründungen in (Albstadt-) Ebingen, Heilbronn, Göppingen, (Vaihingen-)Horrheim, Ulm und weiteren Orten.
In (Albstadt-) Tailfingen, einer der Keimzellen der neuapostolischen Kirche in Württemberg, ging die Entwicklung trotz Anfeindungen schnell voran. 1898 besuchte Apostel Ruff mehrmals die Gemeinde, deren Mitgliederzahl durch mehrere Versiegelungen auf 30 anstieg. Außerdem ordinierte der Apostel Konrad Ammann zum Priester, Balthas Conzelmann zum Diakon und Konrad Renz zum Unterdiakon. Priester Ammann, dem die Wohnung gekündigt worden war, konnte ein Haus erwerben, das nicht nur ihm, sondern der Gemeinde ein Dach über dem Kopf bot.
1899 kehrten einige in Basel versiegelten Geschwister in ihren Heimatort Tailfingen zurück, und bei einem seiner Besuche vertraute Apostel Ruff dem Unterdiakon Renz das Diakonenamt an. Auch in den folgenden Jahren besuchte der Apostel wiederholt Tailfingen und jedesmal warteten Seelen auf die Versiegelung.
Von Tailfingen aus wurden verschiedenen Nachbarorte missioniert. In Ebingen hatte Diakon Conzelmann mit der Arbeit begonnen. Als er im April 1899 überraschend starb, setzte Diakon Renz die Arbeit fort. Ein Jahr später kamen die ersten Seelen aus Ebingen zur Versiegelung nach Tailfingen. Als Diakon Renz 1901 heiratete und sich in Ebingen niederließ, war auch dort die Möglichkeit gegeben Gottesdienste zu halten.
Als Priester Ammann am 08. Januar 1907 auch überraschend verstarb, wurde Priester Friedrich Kopp sein Nachfolger. Schwester Ammann sorgte nun dem Wunsch ihres Mannes entsprechend dafür, dass das Haus, in dem sie wohnte und in dem bisher Gottesdienste stattgefunden hatten, in den Besitz der Kirche (1908) überging. Damit besaß Tailfingen als fünfte Gemeinde im damaligen Apostelbezirk Frankfurt ein eigenes Kirchengebäude.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieg ging die Arbeit im alten Eifer weiter. Nach und nach entstanden von Tailfingen aus in Balingen, Hechingen, Pfeffingen und Truchtelfingen neue Gemeinden. 1921 nahm der Gemeindechor unter Leitung von Bruder Johann Georg Schwarz seine Arbeit auf.
Mit der Ordination von Bezirksapostel Karl Gutbrod am 27. Juli 1924 entstand der Apostelbezirk Heilbronn zu dem nun auch die Gemeinde Tailfingen zählte. Ende der zwanziger Jahre brachten Brüder aus Tailfingen und dem mittlerweile auf über 100 Seelen angewachsenen Truchtelfingen das Zeugnis auch nach Onstmettingen, wo seit 1932 eine eigenständige Gemeinde besteht. Im gleichen Jahr wurde auch die dritte Gemeinde im heutigen (Albstadt-) Pfeffingen selbständig.
Ende 1951 waren die Gemeinden Tailfingen auf 283 und Truchtelfingen auf 120 Seelen angewachsen. Es wurde dringend ein neues Kirchengebäude nötig. In der Unteren Bachstraße, wo sich heute immer noch das Kirchenlokal befindet, fand sich ein geeignetes Grundstück. Am 22. Mai 1954 weihte Bischof Wagner aus Reutlingen die neue Kirche und gliederte die Gemeinde Truchtelfingen nach Tailfingen ein. 1961 zählte die Gemeinde 547 Seelen. 1965 besuchte erstmals Bezirksapostel Ernst Streckeisen, zu dessen Arbeitsbereich Württemberg damals gehörte, Tailfingen. Zwei Jahre später, am 06. September 1967, fand in der Tailfinger Kirche die erste Unterrichtsstunde des von Stammapostel Walter Schmidt eingeführten Religionsunterrichts statt.
Zum 75jährigen Jubiläum der Gemeinde Tailfingen kam am 17. Oktober 1971 der Apostel Herbert Volz zu Besuch. Am 19. September 1982 fand der erste Gottesdienst für italienisch sprechende Geschwister und Gäste statt, am 06. November 1985 folgte der erste Gottesdienst in englischer Sprache. 1996, also beim 100jährigen Jubiläum zählte die Gemeinde mehr als 400 Geschwister, die von einem Hirten, einem Evangelisten, 15 Priestern, drei Diakonen und sechs Unterdiakonen betreut wurden.
Weblink
http://cms.nak-albstadt.de/wo-wir-sind/gemeinden/albstadt-tailfingen/#c14249