Londoner Gesellschaft zur Förderung des Christentums unter den Juden

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Joseph Wolff predigt in Palästina
Palestine Place, Bethnal Green, London
Palestine Place, Bethnal Green, London

Die Londoner Gesellschaft zur Förderung des Christentums unter den Juden (Engl.: „London Society for Promoting Christianity Amongst the Jews”), (Heute: „Church's Ministry Among Jewish People (CMJ)“ (Kirchlicher Dienst unter dem jüdischen Volk)) ist eine 1809 gegründete evangelikale Missionsgesellschaft. Üblich waren auch Abkürzungen, wie z. B. London Jew` Society (Londoner Juden Gesellschaft“) oder noch einfacher „The Jews´ Society“ (Juden Gesellschaft).

Entstehung

Im frühen 19. Jahrhundert beschlossen führende Evangelikale, darunter Mitglieder der einflussreichen Clapham-Sekte, wie William Wilberforce und Charles Simeon, dass es nötig sei, das Christentum unter den Juden zu fördern.

Nach Unstimmigkeiten mit der London Missionary Society (Londoner Missionsgesellschaft) gründeten sie 1809 die “London Society for Promoting Christianity Amongst the Jews”. Dabei wird vor allem dem jüdischen Missionar Joseph Frey eine Hauptrolle beim Bruch mit der "London Missionary Society zugeschrieben". Ein späterer Missionar war C. W. H. Pauli.

Der ursprüngliche Auftrag der Gesellschaft war:

  • Verkündung der Gottessohnschaft Jesu zuerst an die Juden und dann auch an Nicht-Juden
  • Bemühungen, der Kirche ihre jüdischen Wurzeln zu lehren
  • Förderung der physischen Wiederherstellung des jüdischen Volkes zu „Eretz Israel“ - das Land Israel
  • Förderung jüdisch-christliche/messianisch-jüdische Austauschaktivitäten

Die Gesellschaft begann ihre Arbeit unter den armen, jüdischen Immigranten im „East End“ von London und setzte sie bald in Europa, Südamerika, Afrika und Palästina fort. Im Jahr 1811 wurde ein fünf Hektar großes Feld an der Cambridge Road in Bethnal Green, East London, als Zentrum für missionarische Einsätze gepachtet. Es wurden darauf eine Schule, eine Hochschule und eine Kirche, bezeichnet als „Episcopal Jews' Chapel“ (Bischöfliche Jüdische Kapelle) gebaut. Der Komplex wurde „Palestine Place“ (Palästina-Platz) benannt.

Im Jahr 1813 fand sich in der Kapelle auf dem Palestina-Platz eine hebräisch-christliche Gemeinschaft namens „Benei Abraham“ (Kinder von Abraham) ein. Dies war die erste Versammlung von „Jewish believers in Jesus“ (jüdischen Jesus-Gläubigen) und Vorläufer der heutigen „Messianic Jewish Congregation“ (Messianisch-Jüdische Gemeinde).

Die „London Jews Society“ war die erste Gesellschaft die auf einer globaler Basis arbeitete. Im Jahr 1836 wurden zwei Missionare nach Jerusalem geschickt: Dr. Albert Gerstmann, ein Arzt, und Melville Bergheim, ein Apotheker, der eine Klinik eröffnete, die kostenlose medizinische Versorgung anbot. 1844 wurde daraus ein Krankenhaus mit 24 Betten.

In seiner Blütezeit hatte die Gesellschaft mehr als 250 Missionare. Sie unterstützte die Entstehung des anglikanischen Bistums in Jerusalem im Jahre 1841. Der erste Bischof war einer ihrer Mitarbeiter, Michael Solomon Alexander.

Christ Church in Jerusalem

Die Gesellschaft erbaute 1849 die Christuskirche in Jerusalem, die älteste protestantische Kirche im Nahen Osten.

1863 erwarb die Gesellschaft Grundstücke außerhalb der Mauern der Altstadt von Jerusalem. Entworfen von dem Architekten Arthur Beresford Pite eröffnete sie 1897 dort ein Krankenhaus. Heute beherbergt das Gebäude die „Anglican International School Jerusalem“ (Anglikanische Internationale Schule Jerusalem), die von der Gesellschaft betrieben wird.

Judenmission in Deutschland

In Deutschland wurde am 18. Januar 1822 auf Anregung des britischen Botschafters Sir George Rose die Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden (Berliner Israelmission) gegründet. Zu ihren Hauptvertretern gehörten preußische Adelige wie Job von Witzleben, Anton zu Stolberg-Wernigerode, Hans Ernst von Kottwitz sowie der Erweckungstheologe August Tholuck. Die Gesellschaft erreichte bereits 1824 Massentaufen von Juden in Berlin, aber keine Abkehr der Getauften von ihren jüdischen Traditionen. Ab 1938 übernahm sie die Judenmission für die Deutsche Evangelische Kirche (DEK).

Bezug zur Apostolische Bewegung

Bekannte Persönlichkeiten aus der Vorläuferzeit der Katholisch-apostolischen Bewegung, wie Z. B. „Henry Drummond, James Haldane Stewart, Lewis Way, Joseph Wolff und Charles Sleech Hawtrey beteiligten sich in und an dieser Gesellschaft.

Heutige Situation

Die Organisation ist eine der elf offiziellen Missionsgesellschaften der „Church of England“. Sie verfügt derzeit über Niederlassungen in Großbritannien, Israel, Irland, den USA, Kanada, Südafrika, Hong Kong und Australien.

Als Reaktion auf veränderte Einstellungen zum jüdischen Volk hat die Gesellschaft ihren Namen mehrmals in den Jahren geändert. Zuerst in „Church Missions to Jews“ (Kirchliche Missionen zu den Juden), dann in „The Church's Mission to the Jews“ (Die kirchliche Mission zu den Juden), gefolgt von „The Church's Ministry Among the Jews“ (Kirchlicher Dienst unter den Juden) und schließlich der im Jahr 1995 angenommene, aktuelle Name „The Church's Ministry Among Jewish People“ (Kirchlicher Dienst unter dem jüdischen Volk).

Das Historische Archiv der Gesellschaft wird von der „Bodleian Library in Oxford, England“ geführt. Eine Geschichte der Gesellschaft wurde 1991 veröffentlicht.

Die Organisation feierte 2009 mit vier besonderen Gottesdiensten innerhalb des Vereinigten Königreiches seine Zweihundertjahrfeier.

Aktuelle Situation

Der missionarische Schwerpunkt der CMJ ruft Kritik von der jüdischen Gemeinde hervor, die solche Tätigkeiten als sehr nachteilig für die jüdisch-christlichen Beziehungen hält.

Beispielsweise forderte Rabbi Shmuel Arkush von der „Operation Judaism“, eine jüdische Organisation, die gegen die Missionsarbeit gerichtet ist, dass die CMJ, aufgelöst wird.

1992 verweigerte George Carey, - als erster Erzbischof von Canterbury seit 150 Jahren -, sein Patronat über den CMJ; eine Entscheidung, die von jüdischen Führern sehr gelobt und als Haupt-Schlagzeile in der „The Jewish Chronicle“ stand. Spätere Berichte bestätigten, dass der Erzbischof, - die geachtetste Person in der Anglikanischen Kirche -,die Arbeit der organisierten Mission nicht mehr unterstützen möchte, da sie sehr schädlich für die interreligiösen Beziehungen seien.

Darüber hinaus hatte der CMJ oft einen zionistischen Standpunkt eingenommen und vertrat, lange bevor der Zionismus als Bewegung begann, die Ansicht, dass das jüdische Volk einen Staat im Heiligen Land verdient hätte.

Es unterstützte 1948 die Gründung des Staates Israel und engagiert sich weiterhin in der pro-israelischen Fürsprache.

Das hat Kritik von den Gegnern des christlichen Zionismus, so z. B. von Stephen Sizer, hervorgerufen.

Eine ausführliche Antwort auf die Kritik Sizer´s wurde von dem damaligen Generaldirektor des CMJ, Tony Higton, veröffentlicht. Der CMJ vertritt eine Ansicht, die manchmal als Zionismus betrachtet wird, aber auf jeden Fall immer viel Verständnis für das jüdische Volk bereit hält.

Zu einer weiteren Quelle der Spannungen wurde die ungewöhnliche Situation, dass der anglikanische Bischof selbst nicht die Gerichtsbarkeit über die Christuskirche in Jerusalem, wie z. B. über die St. George's Cathedral in Jerusalem, hat. Viele Bischöfe verurteilten den Wunsch des CMJ das Evangelium unter die jüdische Gemeinde zu bringen. Aber die Christuskirche gehört zum CMJ, die immer den Status einer unabhängigen evangelikalen Gesellschaft gehabt hatte, und folglich haben die anglikanischen Bischöfe keine Kontrolle über die Kirche oder ihre Aktivitäten. Ungeachtet aller Widerstände führte der CMJ seine pro-israelische Interessenvertretung fort.

Literatur

  • Messiasbote: Nachrichtenblatt der Berliner Judenmission. Hrsg. von E. Schaeffer

Weblinks